Über den Versuch einer Verortung des zeitlich Flüchtigen nähern sich Max Brück (*1991), Timofej Kratz (*1984) und Johannes Listewnik (*1988) der Frage nach dem Wie des künstlerischen Erzählens. Dabei verstehen sie den Akt des Kunstmachens als eine Transformation: eine Verwandlung geht dem Werk voraus. Aber was bleibt von den Erfahrungen, die Künstler*innen im Schaffen durchlaufen und erzeugen? Was außen vor bleibt, ob das Werk Gefäß dieser Erfahrung sein kann, ob es etwas aufhebt oder doch nur eine Aufhebung stattfindet, ist die zentrale Frage der Ausstellung. Denn: Was erzählt die Schmetterlingssammlung noch von den Jagden, die ihr vorausgingen, und was wird ein Archäologe der Zukunft aus ihnen lesen können?
Die Ambivalenz dieses Restes spiegelt einen dialektischen Prozess, in dem das Werk sich immer wieder selbst erzeugt, erhält, und zugleich doch stets in Auflösung begriffen ist. Gilt es, Schicht um Schicht des Definitorischen abzuschälen, um zu diesem Rest vorzudringen? Oder zeigt er sich dann, fliehend, wenn die Konstellationen es erlauben? Max Brück öffnet in seiner „Diathek“ die Ordnung von Vergangenem im Medium Fotografie und bricht mit der vermeintlichen Deutungshoheit des historischen Archivs. In Abhängigkeit des Lichteinfalls im Raum entstehen immer neue zeitliche Überlappungen und Verdichtungen. Die vor Ort, kurz vor Eröffnung der Ausstellung entstandene, performative Malerei von Timofej Kratz, fungiert als Scharnier zwischen dem Akt ihrer Entstehung und dem sich öffnenden Raum der Veräußerung. Sie verweist so auf den konkreten Prozess des Schaffens, ist Zeuge einer Verwandlung und zugleich Autogenese. Ähnliches geschieht auch bei Johannes Listewnik. Er zeigt einen Ansatz, der klassische malerische Stilmittel mit Textfragmenten konvergieren lässt. Das Material wird zum Zeugen einer stetig fortschreitenden Erzählung, die Farbschichten zum Zeit- und Gedanken-Container.
Der Begriff des Restes ist allen gezeigten Positionen als Ausdruck eines Anderen eingeprägt. Arbeits- und Zeitverläufe werden sicht- und erfahrbar gemacht, indem sie in ihrer jeweiligen Materialität und situativen Transparenz zur Entfaltung kommen. Die zeitliche Dimension des Erzählens löst sich jedoch gerade in ihrer Werkhaftigkeit wieder auf, wird zu Schicht und Sammlung. Was bleibt? Was ist dieser Rest, der jetzt losgelöst vom Akt seiner Entstehung, dem Blick des Betrachters bedarf, um von Neuem und immer als ein Anderer zur Welt gebracht zu werden? Der Rest, das ist vielleicht das stets Unauffindbare, immer Entfliehende: der Raum zwischen den Erzählungen.
Miriam Bartosch