Die Ausstellung des Zentrums für Künstlerpublilationen vermittelt erstmals einen Überblick über die aktuelle Entwicklung und Verbreitung des Künstlerbuches und zeigt die Vielfältigkeit dieses Genres auf. Zu sehen sind Künstlerbücher, die in den letzten fünf Jahren international entstanden sind. Über einen Call for Artists‘ Books hat das Zentrum für Künstlerpublikationen Anfang dieses Jahres Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt eingeladen, sich mit einem Werk an der Ausstellung zum internationalen Künstlerbuch zu beteiligen. Insgesamt nehmen nun über 400 Künstlerinnen und Künstler mit ihren Werken teil. Die Ausstellung zeigt dabei Künstlerbücher aus Ländern aller Kontinente mit ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten, Charakteristiken, Themen und Motiven, und gibt so einen repräsentativen Eindruck vom Status Quo des Künstlerbuches. Die eingereichten Werke stammen aus ganz Europa, aus Südafrika, USA, Kanada, Brasilien, Chile, Japan und Australien. Unter dem Motto Künstlerbücher für Alles – Artists‘ Books for Everything – Livre d’artiste pour tout versammelt die Ausstellung Werke aus über 30 Ländern und zeigt die Bedeutung und den Stellenwert des Künstlerbuches in der aktuellen Kunst auf.
Sommergast 2017: Slawomir Elsner. Cranach²
Als Erinnerungsräume könnte man die Buntstiftzeichnungen von Slawomir Elsner bezeichnen. Dank seiner außergewöhnlichen Technik offenbart sich der Bezug seiner Werke zu berühmten Bildern der Kunstgeschichte bisweilen nur noch durch den Titel. In dieser Manier adaptiert der in Berlin lebende Künstler auch sechs Gemälde aus der museumseigenen Sammlung Ludwig Roselius, die Elsner eigens für die Ausstellung in den Museen Böttcherstraße angefertigt hat. Darunter befinden sich auch die Bildnisse von Martin Luther und Katharina von Bora, die Lucas Cranach d. Ä. 1529 gemalt hat. Im aktuellen Reformationsjahr scheinen die Porträts des berühmten Ehepaars allgegenwärtig und aufgeladen mit Geschichten und Bedeutungen. In den Adaptionen von Slawomir Elsner verlieren diese beiden sowie weitere bekannte Kunstwerke ihren kontextuellen Ballast und präsentierten sich befreit, einzig und allein als Bilder.
Nicht nur historische Gemälde erhalten bei Slawomir Elsner eine neue Bedeutungsebene. Nach Vorlage eigener Fotos, die er im Frühjahr 2001 aus der Bar des World Trade Centers gemacht hat, fertigte er die Serie Windows on the World an. Nur auf zwei Zeichnungen der insgesamt elf dazugehörigen Werke erkennt der Unwissende, dass es sich um Ausblicke aus dem kurz danach zerstörten Gebäude handelt: „Mir war es persönlich wichtig, diese Serie zu machen. Denn durch die eindringlichen Bilder vom Terroranschlag in den Medien, bekamen auch meine privaten Fotografien eine neue Bedeutungsebene.“
Slawomir Elsner wählt Buntstifte als Medium, da er der Überzeugung ist, Kunst müsse niedrigschwellig sein: „Je einfacher es ist, Kunst zu machen, desto freier kann der Kopf sein.“ Daher ist es nicht verwunderlich, dass er sich neben den Buntstiftzeichnungen auch der Aquarellmalerei widmet. Entgegen dem Vorurteil, Wasserfarben seien vor allem zeichnerischen Vorstudien oder Hobbykünstlern vorbehalten, nutzt er die Leichtigkeit des Materials für außergewöhnliche Großformate. Bis zu einhundert monochrome Schichten trägt der Künstler bei seinen Aquarellen auf. Das Einzige, das er dabei steuert, ist der zeitliche Abstand zwischen den Schichten und das Verhältnis zwischen Wasser und Farbe: „Der Rest passiert von ganz allein. Die Strukturen entstehen nicht, weil ich sie male, sondern weil die Farben und das Papier eine Verbindung miteinander eingehen.“
Die rund 30 Kunstwerke von Slawomir Elsner werden sowohl im Paula Modersohn-Becker Museum als auch im Ludwig Roselius Museum ausgestellt. Eine Besonderheit der Präsentation wird die Kopie des sogenannten Cranach-Raums im Ludwig Roselius Museum sein, die es ermöglicht, Elsners Adaptionen in nahezu identischer Anordnung, im selben Haus mit den Originalen, aber an anderer Stelle zu erfahren.
Erfahren Sie mehr über die Buntstiftzeichnungen Alter Meister von Slawomir Elsner in diesem Video.
Sammler der ersten Stunde
August von der Heydt entdeckt Paula Modersohn-Becker
Der Bankier August von der Heydt zählte zu den bedeutendsten Sammlern zu Beginn des 20. Jahrhunderts und interessierte sich vor allem für Kunst abseits der akademischen Traditionen. Ab 1909, nur zwei Jahre nach dem frühen Tod Paula Modersohn-Beckers, erwarb er knapp 30 Werke der Künstlerin und bewies dabei ein gutes Auge. Die heute noch vorhandenen 17 Gemälde Paula Modersohn-Beckers im Von der Heydt-Museum in Wuppertal zählen zu den Hauptarbeiten ihres Spätwerks. Zum ersten Mal wird diese frühe Sammlung nun vom 25. Mai bis zum 10. September 2017 gemeinsam mit Teilen der hochkarätigen Sammlung des Bremer Kaffeekaufmanns Ludwig Roselius präsentiert. Anhand der rund 35 ausgestellten Hauptwerke wird der Beginn der Rezeptionsgeschichte von Paula Modersohn-Beckers Kunst erzählt, in der diese beiden Sammler der ersten Stunde eine entscheidende Rolle gespielt haben.
1906 begegnete Paula Modersohn-Becker bei ihrem vierten und letzten Paris-Aufenthalt dem Bildhauer Bernhard Hoetger, der vom ersten Augenblick an von ihr überzeugt war und sie über ihren Tod hinaus förderte. 1909 machte er August von der Heydt auf die Worpsweder Künstlerin aufmerksam. Der Bankier kaufte insgesamt 28 Bilder, von denen sich heute noch 17 Gemälde im Wuppertaler Von der Heydt-Museum befinden. Einige Jahre später sammelte auch der Bremer Kaffeekaufmann Ludwig Roselius Werke von Paula Modersohn-Becker. Doch es blieb nicht nur beim Kauf von Kunstwerken: 1927 eröffnete er das weltweit erste Museum für eine Malerin – entworfen von Bernhard Hoetger. Das heutige Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen stellt nun erstmals diese beiden frühen Sammlungen von Paula Modersohn-Beckers Kunst gemeinsam aus. 35 Hauptwerke der Künstlerin – insbesondere aus ihrem Spätwerk – verdeutlichen ihre zukunftsweisende Modernität und ihren hohen Stellenwert in der Kunstgeschichte.
Ein Blick in beide Sammlungsgeschichten zeigt dabei auch, welche herausragenden Werke durch Kriegsverluste für immer verloren sind. Sieben dieser zerstörten Gemälde werden erstmals als Reproduktionen den erhaltenen Originalen zur Seite gestellt. Motivische und formale Bezüge, die bislang nur in Katalogen nachvollziehbar waren, werden so im direkten Gegenüber veranschaulicht.
Dejima. Konzepte von Ein- und Ausschluss
In Zeiten, die sich zwischen weltbürgerlicher Utopie und wieder aufkeimenden nationalistischen Ideologien verorten und in denen Ausschluss und Abschottung zunehmend zu positiv besetzten Schlagworten innerhalb populistischer Rhetoriken werden, untersucht die internationale Gruppenausstellung Dejima. Konzepte von Ein- und Ausschluss derartige Mechanismen. Sie versammelt Arbeiten einer jüngeren Künstler/innengeneration, die sich mit mentalen und territorialen Grenzziehungen befassen und für einen gesellschaftlichen Umgang plädieren, der nicht von Angst vor dem Fremden bestimmt wird, sondern ein Verständnis füreinander und die Dinge einschließt, die uns (noch) unbekannt sein mögen.
Die Präsentation wird von einem ausführlichen Rahmenprogramm begleitet, das zum einen die künstlerischen Positionen in Filmabenden, Führungen, Künstler/innengesprächen, Konzerten, Koch- oder Kinderworkshops vertieft, als auch die angerissenen Themen in Vorträgen und Projekten mit Geflüchteten fortführt.
OH WOW. Meisterschülerausstellung der Hochschule für Künste Bremen
Kunst, die staunen macht, die erfindungsreich und überraschend neu ist – OH WOW, der Titel der Meisterschülerausstellung hinterfragt mit einem unverkennbar ironischen Unterton Erwartungen und Ansprüche, die bis heute an Kunst herangetragen werden. Originalität, Individualität und Expressivität sind in der Tat noch immer kursierende Kriterien für ein gelungenes Werk, doch die Möglichkeiten und Aufgaben ästhetischer Praxis gehen weit darüber hinaus, ja sie führen diese Vorstellungen bisweilen und zu Recht ad absurdum. Kunst, die sich auf der Höhe internationaler Debatten bewegt, entsteht in einem Geflecht aus Bezugnahmen und Weiterentwicklungen, bedeutet kritische Entgegnung und Verwerfung. Die große Gemeinschaftsausstellung, mit der sich zum Abschluss ihres Studiums 17 Meisterschülerinnen und Meisterschüler des Studiengangs Freie Kunst der Hochschule für Künste Bremen verabschieden, ist dafür beispielhaft – zeigt sie doch die Vielfalt künstlerischer Strategien heute.
Dreamaholic – Kunst aus Finnland. Miettinen Collection
Faszination Finnland – mit der Ausstellung Dreamaholic gibt die Weserburg erstmals einen Einblick in die aktuelle finnische Kunstszene. Die Werke stammen aus der in Berlin und Helsinki beheimateten Miettinen Collection. Neben etablierten Künstlerinnen und Künstlern wie Eija-Liisa Ahtila, Jiri Geller und Robert Lucander werden vor allem junge, vielfach noch zu entdeckende Positionen vorgestellt. Sie spiegeln die lebendige Vielfalt der finnischen Gegenwartskunst und machen augenfällig, wie eigenständig sie sich mit den internationalen Strömungen und Kunstdebatten auseinandersetzen. Ein Schwerpunkt innerhalb der Ausstellung ist neben Skulptur und Fotografie die Malerei. Die Weiterentwicklung konstruktiver und minimalistischer Konzepte ist ebenso vertreten wie die Wiederaufnahme und Fortführung gegenständlicher Bildformen der Pop Art und der Postmoderne. Die Spannbreite der gewählten Ausdrucksformen reicht von poetischen Bilderfindungen bis hin zu den homoerotischen Darstellungen von Tom of Finland.