GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst
15. September – 23. Dezember 2018
+++ verlängert bis zum 23.12.2018 +++
FABIO CIRILLO, WILLIAM COBBING, CHRIS CURRERI,
CHARLOTTE DUALÉ, KASIA FUDAKOWSKI/REAL MADRID,
ASANA FUJIKAWA, ANNA HERMS, NINA HOFFMANN & KATHRIN SONNTAG, JUDITH HOPF, KRIS LEMSALU, ALEX MÜLLER,
ANDREJ POLUKORD, ALBERTA SAUKAITYTÉ, IRENE STRESE,
DORIS WEINBERGER, JESSE WINE
Kunsthaus Hamburg
11. September – 25. November 2018
SUSE BAUER, KATINKA BOCK, NEIL BROWNSWORD, WILLIAM COBBING,
ANNA LENA GRAU, ILANA HARRIS-BABOU, EMMA HART, JUDITH HOPF, EMRE HÜNER,LOU MASDURAUD & ANTOINE BELLINI, KATE NEWBY,
NICOLÁS OSORNO, PABLO SCHLUMBERGER,KERSTIN STOLL,
JENNIFER TEE, INGO VETTER, FRANZISKA WINDOLF,
JESSE WINE, XIAOPENG ZHOU
In Zeiten, in denen zeitgenössische Kunst verstärkt die Bedingungen und Ästhetiken virtueller Realitäten reflektiert, posthumane Theorien virulent sind und die Digitalisierung der Welt eine Faszination an Oberflächen und gefundenen Bildern geschaffen hat, wird parallel eine Kunstproduktion offensichtlich, die bewusst haptische Materialien und (kunst-)handwerkliche Herstellungsprozesse einsetzt.
Das zweiteilige Ausstellungsprojekt Further Thoughts on Earthy Materials in GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen und Kunsthaus Hamburg untersucht, welche Fragestellungen der Hinwendung zu den Techniken und dem Material der Keramik in der künstlerischen Produktion des 21. Jahrhunderts zugrunde liegen. Further Thoughts on Earthy Materials versammelt Arbeiten einer jüngeren Künstler/innengeneration, die ungewöhnliche Wege im Umgang mit keramischem Material gehen – Arbeiten, die nicht für ein Revival von Traditionen oder eine künstlerische Rückwärtsbewegung stehen, sondern für neue Wege mit traditionellen Verfahren und Themenstellungen. Die Kapitel in Bremen und Hamburg widmen sich dabei unterschiedlich gelagerten Aspekten in zwei Gruppenausstellungen.
Das Ausstellungskapitel in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen nimmt eine Prämisse in den Blick, die dem erdhaften Materialien bereits inhärent ist: den Körper.
So zeigt sich die Anwesenheit des Körpers im klassischen keramischen Herstellungsverfahren, indem das Material mit den Händen geformt und aufgebaut wird, die Produzent/innen unvermeidlich Spuren hinterlassen und sich so im Objekt abbilden – was im Ergebnis den Unikatcharakter des Entstandenen wesentlich ausmacht. Aufgrund der dem keramischen Prozess innewohnenden Körperverbundenheit scheint es daher nur folgerichtig, dass der Körper in vielen künstlerischen Auseinandersetzungen mit der gebrannten Erde auch zu einer inhaltlichen Bezugsgröße wird.
In der GAK-Ausstellung äußert sich diese im befragten Material selbst angelegte Perspektive im klassischen keramischen Objekt ebenso wie in der installativen Anordnung, in Film, Fotografie, Audioeinspielung, Diaprojektion oder Performance. Ähnlich weit gefasst sind die Themenstellungen, mit denen körperliche Aspekte mithilfe von Lehm, Ton oder Erde untersucht werden. Die Arbeiten im GAK-Kapitel von Further Thoughts On Earthy Materials verorten sich sowohl im Intuitiven als auch im Rationalen, in der Abstraktion als auch in der Gegenständlichkeit. Körperabbilder, -zustände, -verfremdungen, –grenzen oder -wahrnehmungen werden von unterschiedlichen Perspektiven eingekreist. Fragen nach Körperoptimierungen in neoliberalen Zeiten, der Grenze zwischen Außen- und Innenwahrnehmung oder Geschlechterzuschreibungen werden ebenso verhandelt wie nach dem Verhältnis von Mensch und Tier, künstlerischen Produktionsprozessen oder politischen Zuständen.
Kuratiert von Janneke de Vries
Das Ausstellungskapitel im Kunsthaus Hamburg folgt dem Paradox des Materials der gebrannten Erde: Die Keramik gilt als eine der ältesten Kulturtechniken der seriellen (Re)Produktion (unter anderem als Ziegel oder in der Porzellanherstellung). Neben seiner Serialität hat das Material aber auch besondere haptische Qualitäten, die das unmittelbare und individuelle Gestalten unterstützen. Der Ton lässt sich mit bloßen Händen bearbeiten, setzt aber gleichzeitig umfängliche Fachkenntnis und zeitintensive Handwerkstechnik voraus.
Das Kunsthaus-Kapitel präsentiert daher künstlerischen Positionen, die keramische Techniken als Medium der Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Technologien und Fragestellungen nutzen und auf ihre Aktualität hin befragen: Welche Rolle spielt in Zeiten von 3D-Scans und -Druckern das Nachbilden, Abbilden und Reproduzieren von dreidimensionalen Formen mit gebrannter Erde? Welche materiellen, kulturellen, historischen und technischen Implikationen bringt das Medium mit sich? Die ausgewählten Arbeiten knüpfen an Fragen nach der Bedeutung von Serialität und Originalität ebenso an wie an die archäologische, anarchische und dystopische Qualität des Materials. Gerade die Schnittstelle von angewandter und bildender Kunst macht das Medium sensibel für die feinen Unterschiede von Gebrauchs- und Kulturwerten. Was macht das Gefäß, den Ziegel, den Abguss zur Skulptur, zur Kunst, zur Geschichte?
Kuratiert von Katja Schroeder
Die Ausstellungen werden von einem umfassenden Begleitprogramm ergänzt, das abwechselnd in Hamburg und Bremen stattfindet.
Im Anschluss an die Ausstellungen erscheint eine Publikation im Verlag der Buchhandlung Walther König.